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AutorenbildMotorrad Garage

Auf dem Dach der Welt - Tag 32-35



Liebe Leser, am Mittwoch brechen wir in Chorugh, der Hauptstadt der autonomen Provinz Berg-Badachschan, unsere Zelte ab. Hier sind wir auf etwa 2000 Metern Höhe. Nach nur 130 km Fahrt, davon viel bergauf, stoppen wir an heißen Schwefelquellen, an denen wir übernachten wollen, um uns vor der Weiterfahrt an die Höhe (inzwischen etwa 3400 m) zu gewöhnen. Wir merken deutlich den Unterschied und haben die Kopfschmerztabletten bereit liegen.

Am folgenden Tag fahren wir auf ein Hochplateau, auf dem wir die nächsten zwei Tage entlangfahren werden. Auf etwa 4200 Metern fühlen wir uns hier wie Könige, die ihren Blick über die Welt schweifen lassen können. Wir verstehen jetzt, weshalb diese Region auch "Dach der Welt" genannt wird: Es ist einfach atemberaubend, über diese Hochebene zu fahren! Leider kommen dazu aber auch Kälte und Sturm, sodass wir froh darüber sind, abends Unterschlupf im "Pamir-Hotel" zu finden. Mit der extremen Höhe kommen wir besser zurecht als erwartet, nur der Temperatursturz von 30 auf etwa 5°C ist heftig.

Am Freitag sind wir am höchsten Punkt unserer Reise ange-kommen: der Ak-Baital-Pass auf 4655 m erwartet uns mit schneidendem Frost und Hagel. Dennoch nehmen wir ihn souverän und erreichen den Karakul, den wohl höchsten See der Welt. Dieser liegt mit 4020 Metern über dem Meeresspiegel immerhin noch 200 m höher als der hier vermutlich bekanntere Titicacasee. Hier nehmen wir uns ein Zimmer in einem "Home Stay" und unter-nehmen zur Abwechslung einige Spaziergänge in der Umgebung.

Den nächsten Tag steigen wir wieder auf die Motorräder und fahren aus dem Gebirge wieder nach unten und über die Grenze nach Kirgisistan. Mit dem Passieren der Grenze fallen uns direkt wieder einige Unterschiede zwischen den Ländern auf. Plötzlich herrschen wieder um die 30°C und wir müssen uns schnell aus den dicken Pelzen schälen, die wir in der vorherigen Höhe gebraucht hatten. Während wir in Tadschikistan auf dem sogenannten "Highway" oft nur Schrittgeschwindigkeit fahren konnten, gibt es hier tolle Straßen, die zum Gasgeben verleiten. Aber Vorsicht, auch in Kirgisistan stehen an jeder Ecke Blitzer.

Mit allzu hoher Geschwindigkeit sollte man hier aber sowieso nicht unterwegs sein, denn die Landwirtschaft hat eindeutig Vorfahrt: Pferde, Kühe und Schafe bevölkern die Straße - man rutscht eher auf deren Hinterlassenschaften aus als auf einer Ölspur. Toll sehen die großen Herden von freilaufenden Pferden aus, die wir vom Motorrad beobachten können. Oft sieht man auch die traditionellen Jurten, diese werden häufig als Touristenunterkunft angeboten. Die Kirgisen, die wir sehen, leben anscheinend lieber im daneben stehenden Bauwagen oder einem festen Haus.

Kirgisistan kommt uns moderner und erheblich wohlhabender als Tadschikistan vor. In Osch angekommen, wirkt der normale Standard bereits wie der reinste Luxus auf uns - was er aus der Distanz betrachtet wohl auch ist. Die Menschen am Pamir-Highway leben dagegen zum großen Teil sehr einfach, zeigen sich uns gegenüber aber herzensgut. Unsere Sicht auf Äußerlichkeiten spielt uns schnell einen Streich, wenn wir das Leben in baufälliger Umgebung gleichsetzen mit seelischer Verwahrlosung der Menschen. Es ist auch auf einer solchen Reise nicht immer einfach, vorurteilsfrei unterwegs zu sein.

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