Die Nacht von Samstag auf Sonntag verbrachten Leo und ich in einem günstigen Hotel direkt an der russischen Grenze. Aufgrund des schwelenden Konfliktes zwischen der Ukraine und Russland und der dadurch schwer zu beschreibenden Stimmung in der Grenz-region hielten wir es hier für besser, nicht unter freien Himmel zu übernachten. Abends wurden wir dann auch von einem gerade aus der Schweiz ausgewiesenen Ukrainer angesprochen, der für sieben Monate in den Separatistengebieten gekämpft hatte.
Nachdem ein abendlicher Wasserleitungsbruch im Hotel souverän von der Portiersfrau behoben worden war, konnten wir am nächsten Tag frisch und ausgeruht starten. Der Grenz-übertritt verlief ohne große Probleme, wir mussten nur etwas Schmiergeld in der Ukraine zahlen und ganz viel Papierkram am russischen Grenzposten ausfüllen. Mit den Motorrädern fuhren wir anschließend durch zahllose Dörfer, in denen häufig zwei Reihen meist kleiner quadratischer Häuser mit liebevoll gestrichenen Zäunen und Fensterläden die Straße säumen, von der sie durch einen breiten Grünstreifen getrennt sind, auf dem Haustiere weiden. Nachmittags machten wir Rast an einem Waldrand, den wir über staubige Wege aus der für diese Gegend so typischen russischen Schwarzerde erreicht haben. Windräder und Solarzellen haben wir hier übrigens noch nirgendwo gesehen. Sonntagabend zelteten wir dann wieder. Auf dem Weg dahin kam es zu einem kleineren Unfall: Leo geriet in eine Spurrille und fiel mit dem Motorrad hin. Passiert ist Ihm dabei nichts, nur die Kofferhaltung am Motorrad ging zu Bruch, konnte jedoch mit Spanngurten provisorisch ersetzt werden.
Die Preise sind sowohl in der Ukraine als auch jetzt in Russland bisher sehr angenehm für uns gewesen. Benzin kostet etwas weniger als 0,50€ pro Liter, ein Doppelzimmer etwa 5€, 1 Maulschlüssel und 1l Kühlflüssigkeit 2,50 Euro. Die Menschen mit denen wir bisher in Russland Kontakt hatten, waren sogar noch freundlicher als in der Ukraine. Insgesamt wirkten sie zwar eher verschlossen, dh. sie suchten eher nicht von sich aus das Gespräch, aber wenn man dieses erst einmal initiiert hatte, waren sie sehr nett und versuchten stets zu helfen. Überhaupt wirkt es hier deutlich organisierter und auch wohlhabendender als vor der Grenze.
Am Montagabend sind wir in der Gegend von Woronesch, einer der größten Städte Russlands, ange-kommen. Bisher sind wir jeden Tag etwa 300 km gefahren. Die Motorräder halten das bisher gut durch. Es gibt zwar immer wieder einige Wehwehchen, aber nichts, was wir nicht unterwegs selber beheben konnten. Zu schaffen macht uns bisher nur das hohe Gewicht der überladenen Motorräder, die mit dem Gepäck kaum aufzuheben sind. Deswegen haben wir uns inzwischen auch schon von zweien unserer Ersatzreifen getrennt und Leo hat sein zweites Paar Schuhe und einen kleinen Koffer verschenkt. Wir wollen versuchen außerdem noch einige weitere Sachen per Post in die Heimat zu schicken. Inzwischen können wir ganz gut einschätzen, was wir benötigen und was uns nur belastet.
Morgen wollen wir nach Borissoglebsk fahren und Mittwoch weiter nach Wolgograd, dem ehemaligen Stalingrad.
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